Kulturelle Veranstaltungen
Orgelklang und Vogelgezwitscher - „Alte Musik – gibt‘s das?“
Annäherung an eine Epoche in der Hochschule für Finanzen
Unter dem Titel „Alte Musik – gibt‘s das?“ wurde am 04.11.2019 an der Hochschule für Finanzen/Landesfinanzschule in Edenkoben eine fast vergessene Epoche mit Wort- und Musikbeiträgen für das Publikum zum Leben erweckt. Musik aus alten Zeiten – ist sie nur alt oder auch veraltet, nicht mehr aktuell oder gar langweilig?
Diese Frage versuchte das Barockmusikensemble FLAUTANDO – musica barocca – zu beantworten. In wechselnden Besetzungen wurden kleine hochvirtuose Werke großer Meister (wie z. B. Vivaldi, Corelli und Händel) dargeboten und erleuchteten – unterstützt durch eine heitere Moderation – die Sicht auf die faszinierende und spannende Zeit des Barock. Es musizierten Tamara Friedrich (Blockflöte), Rebekka Ohlig (Oboe, Blockflöte), Dan T. Fahlbusch (Violoncello) und Delia Stegarescu (Cembalo). Die Moderation übernahm versiert und einfühlsam Dagmar Paqué-Lemmert. Ein Stück von Georg Philipp Telemann, das 4 Frauengestalten aus der Antike beschreibt, vereinte Gemütszustände und Eigenschaften, die sich durch das ganze Programm zogen, nämlich heiter, traurig, beschwingt und – nun ja, wenn ein Mann Frauen beschreibt – auch zickig. Wobei der Programmschwerpunkt auf heiter und beschwingt lag. Das war barocke Kammermusik vom Feinsten! Das vor „ausverkauftem Haus“ - das Foyer vor der Bücherei war voll bestuhlt und besetzt -dargebotene Programm mit Solo-, Duo- und Triostücken im Wechsel, vermittelte dem überwiegend jungen Publikum einen Eindruck des emotionalen Reichtums der Barockmusik. Besondere Anerkennung gebührt den Flötistinnen Tamara Friedrich und Rebekka Ohlig, die auf brillante Weise reiche improvisatorische Verzierungskunst vorführten und perlende intonationssichere Läufe neben klangschönen, ausdrucksstarken langsamen Phrasen zu Gehör brachten. Technisch und musikalisch ebenfalls exzellent die Cembalistin Delia Stegarescu und der Cellist Dan T. Fahlbusch. Wobei - dank E-Klavier – eine Passacaglia von Georg Friedrich Händel zum Vergleich im originalen Cembalo- aber auch im Orgel- und im Klaviersound gespielt wurde und damit durch das Foyer ungewohnter Orgelklang donnerte. Gegen Ende inclusive Zugabe drei auf schwungvollen, wirbelnden Tänzen beruhende Kompositionen, die von der ausgelassenen Fröhlichkeit, zu der Menschen zu allen Zeiten fähig waren, kündeten. Dabei auch das oben erwähnte Vogelgezwitscher, das gut in unsere Twitterzeiten passte. Das vom dynamischem Spiel begeisterte und von den mitreißend schnellen Sätzen beschwingte Publikum spendete herzlichen Applaus und genehmigte sich beim anschließenden Stehempfang noch ein Gläschen Pfalzwein.
Allerdings gab es vor dem Stehempfang noch eine Überraschung. Dozentin Rita Spönlein, die die kleine Kulturreihe aus Autorenlesungen und Konzerten seit 2001 organisiert und auch die Kontakte zu Kulturorganisationen hält, wurde vom stellvertretenden Schulleiter Edgar Leicht im Namen des Direktors der Hochschule/Landesfinanzschule für ihr Engagement zur „Kulturbotschafterin der Hochschule für Finanzen“ ernannt, verbunden mit einem Blumenstrauß und einer eigens für diesen Zweck gestalteten phantasievollen Urkunde. Die Verfasserin des Artikels bedankt sich recht herzlich dafür.
Poesie und Soundinstallation, eine moderne Form der Gedichtpräsentation an der Hochschule für Finanzen/Landesfinanzschule in Edenkoben
Am 17.02.2020 fand an der Hochschule für Finanzen/Landesfinanzschule vor „ausverkauftem Haus“, d. h. vor rund 130 Gästen, eine Autorenlesung der besonderen Art in deutscher und englischer Sprache statt. Rike Scheffler, Lyrikerin, Sängerin, Performerin, Künstlerin aus Berlin trat auf mit ihrem Programm „It is what you love“. Der Titel auch schon ein Hinweis auf ihre internationale Karriere, tritt sie doch im europäischen Ausland, in Lateinamerika, in Asien und Afrika mit ihren Lyrik Performances bzw. Soundinstallationen auf. Die Veranstaltung konnte wieder in Kooperation mit dem Künstlerhaus Edenkoben realisiert werden.
Rike Scheffler reiste mit einer Tontechnikerin und viel Technik - u. a. Loopmaschine und Harmonizer – an. Zusammen mit der hauseigenen Veranstaltungstechnik wurde auf und um die Bühne herum ein beindruckendes Technikarsenal aufgebaut. So wie die 35-Jährige mit dieser Technik umging, Regler drehte, Knöpfe drückte, zwischen 2 Mikrofonen hin und her eilte, erinnerte sie eher an eine DJane als an eine Lyrikerin. Das erklärt, warum die Veranstaltung nicht „Lesung“ genannt wurde, sondern „Performance“. Mit Hilfe einer Loopmaschine, die gerade Gesprochenes oder Gesungenes aufzeichnet und in Endlosschleife wiederholt und viele dieser Schleifen übereinanderlegt, entsteht ein vielstimmig gefüllter Klangraum mit Sprechen, Rufen und Flüstern, Summen und Singen. Doch das allein reicht nicht, es kommen noch Musiksequenzen, Beatbox-Rhythmen, Natursounds, wie z. B. Regen- und Meeresgeräusche -ebenfalls mehrfach überlagert-hinzu und erfüllen den ganzen Raum. Das Programm begann und endete mit einem Text der antiken Dichterin Sappho, die nach den größten Dingen auf Erden sucht und die Antwort findet in „It is what you love - es ist das, was Du liebst“. Dazwischen u. a. auch nur einfach rezitierte Gedichte aus der Zeit Rike Schefflers als Stipendiatin im Edenkobener Künstlerhaus (2016), in denen sie feinsinnig die Schönheit der Edenkobener Landschaft rühmt, Einbindung des Publikums als 3-stimmigen Backgroundchor („Ich liebe meine Maschinchen, aber noch mehr liebe ich Menschen, die eine Gemeinschaft bilden und die Arbeit der Maschinen übernehmen.“), eine Art Mini-Hörspiel in 2 Akten „Ich stehe vor Deinem Fenster – Verschwinde!“, Persönliches zum Lebenslauf und eine Soundinstallation zum Thema Wasser, zunächst mit Texten zum Thema Mensch, Wasser, Natur, wieder in Schleifen und danach, den Menschen vor der Schönheit und Allgewalt der Natur in den Hintergrund treten lassend, nur noch Sounds von Regen auf Wasser, sich steigernden Wellengeräuschen, Tiergeräuschen, Ozean im Sturm und dann der große Knall, der Phantasie überlassen ein Vulkanausbruch oder …… Das überwiegend junge Publikum war begeistert, kannte man das Thema Lyrik aus dem Deutschunterricht doch irgendwie ganz anders.
Abschließend lassen wir die Literaturkritik zu Worte kommen: Diese übereinanderliegenden Verse auf Deutsch und Englisch, die geschichteten Rhythmen und Musiken vereint zu vielgestaltiger Mehrstimmigkeit bis hin zu inszenierten Dialogen nennt der Literaturkritiker Michael Braun „Polyphones Schweben“ und beschreibt es so: Schefflers Gedichte zelebrieren die kompositorische Einheit von Sprache, Musik und Gesang und entfalten sich als Text-Klang-Collagen von außerordentlicher Suggestivität. Womit auch die Ansage der Tontechnikerin „Wir sind nicht laut, wir erschaffen nur eine magische Stimmung.“ erklärt wäre.